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38. Experten Forum

Posted on May 20, 2020

Nachlese zum 38. Fintegral Experten Forum

Die Corona-Pandemie machte auch vor unserem Experten Forum nicht Halt und so wurden wir, nach einer ersten Terminverschiebung, bei unserem neuen Termin am 7. Mai zu einer kreativen Lösung gezwungen. Das 38. Fintegral Experten Forum ließ sich nicht wie gewohnt im Hotel Steigenberger Metropolitan realisieren, sondern wurde erstmalig als virtuelles Format durchgeführt.

Die ursprünglich geplanten drei Vorträge wurden daher umstrukturiert und das Experten Forum in zwei separate Vorträge aufgeteilt. Den Anfang machte Dr. Ralf Hannemann (Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands) am 7. Mai mit dem Thema „Regulatorische Initiativen zu Nachhaltigkeitsrisiken und Ausblick auf die 6. MaRisk Novelle“, gefolgt von Berenike Wiener (Evangelische Bank) am 14. Mai, die zum Thema „Nachhaltigkeit im Fokus der Bankenaufsicht“ referierte. Dr. Markus Bock (Finanz Informatik) wird seinen Vortrag zum Thema „Banksteuerung im Wandel durch Digitalisierung“ im Rahmen des nächsten Experten Forums am 29. Oktober 2020 halten.

Inhaltlich stand das 38. Experten Forum ganz im Zeichen der Themen Nachhaltigkeit und ESG (Environmental Social Governance). Während Herr Dr. Hannemann in seinem Vortrag unter anderem die regulatorischen Vorgaben für diesen Themenkomplex vorstellte, ging Frau Wiener in der darauffolgenden Woche auf die Herausforderungen in der Umsetzung von Sustainable Finance aus Institutssicht ein.

Vortrag vom 7. Mai 2020

Zunächst begrüßte Dr. Andreas Peter – Managing Partner bei Fintegral – den Referenten Herrn Dr. Hannemann sowie die Zuhörerschaft und war sehr erfreut darüber, dass sich trotz des neuen Formats mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Live-Event angemeldet hatten. Um das Experten Forum möglichst interaktiv zu gestalten, konnten während des Vortrags Fragen im Chat gestellt werden, die die Referenten direkt beantworten konnten. In seiner Eröffnungsrede nahm Dr. Peter Bezug auf die Rolle von Nachhaltigkeit und ESG in der Finanzindustrie und betonte, dass diese Themen wesentliche Auswirkungen auf alle Bereiche der Banken haben werden.

Im ersten Teil seines Vortrags gab Herr Dr. Hannemann spannende Einblicke in die laufende Arbeit der Regulierungsbehörden zum Thema Nachhaltigkeit. Dabei stellte der Experte den Zusammenhang zwischen den internationalen, europäischen und nationalen Aktivitäten her.

Zu Beginn hob Herr Dr. Hannemann die Initiative des internationalen „Network for Greening the Financial System“ (NGFS) als wichtigen Impulsgeber sowohl für die europäischen Aufsichtsbehörden als auch für die BaFin hervor. Die NGFS formuliere gewissermaßen Arbeitsaufträge für die Aufsichtsbehörden, welche wiederum vor besonderen Herausforderungen stehen. Als Beispiel könnte man hier anführen, wie die Finanzierung eines Kohlekraftwerks seitens der Aufsicht beurteilt würde. Herr Dr. Hannemann warnte in diesem Zusammenhang davor, sich bei der Unterscheidung von klimafreundlichen bzw. -schädlichen Aktivitäten einer Schwarz-Weiß-Malerei zu bedienen, die der Realität nur selten gerecht werde.

Eine weitere Herausforderung sei zudem die lückenhafte Datenverfügbarkeit. So sei die Grundsatzfrage noch nicht beantwortet, ob und in welcher Form Nachhaltigkeitsrisiken Auswirkungen auf den Risikogehalt der finanziellen Vermögenswerte haben. Bei der Diskussion sei zu berücksichtigen, dass ein „Green-Supporting Factor“ wohl oder übel Hand in Hand mit einem „Brown-Penalizing Factor“ gehen wird. Institute mit entsprechenden branchenspezifischen Konzentrationen könnten in der Folge von empfindlichen Eigenkapitalerhöhungen betroffen sein.

Obwohl in der Diskussion um ESG-Risiken die Faktoren „Soziales“ und „Unternehmensführung“ aktuell weniger stark im Fokus stehen, könne man in der Zukunft auch hier eigene Ansätze erwarten. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfe es der Wechselwirkungen, die sich zwangsläufig zwischen den Faktoren ergeben, aber nicht unbedingt harmonisch zueinanderstehen.

Aus der Perspektive der Aufsichtsbehörden ging Herr Dr. Hannemann sowohl auf die bestehenden EBA-Mandate zur Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsaspekte in den Säulen 1, 2 und 3 als auch die Aktivitäten der BaFin im Zusammenhang mit dem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken ein. In Bezug auf die EBA stellte er insbesondere den aktuellen Zeitplan vor und verdeutlichte die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Aktivitäten. Hinsichtlich des BaFin-Merkblatts betonte Herr Dr. Hannemann, dass man ursprünglich geraten habe, lediglich die MaRisk um Nachhaltigkeitsaspekte zu erweitern, um so eine einfache Integration der Nachhaltigkeitsrisiken in den bestehenden Risikomanagementkreislauf der Institute sicherstellen zu können. Das aktuelle Merkblatt gehe jedoch in seinem Charakter als Orientierungshilfe deutlich über diesen Ansatz hinaus.

Im zweiten Teil seines Vortrags gab Herr Dr. Hannemann einen Überblick über die zentralen Inhalte sowie den Zeitplan der 6. MaRisk Novelle. Er hob hervor, dass insbesondere die Themen notleidende Kredite, Anforderungen an Auslagerungen sowie Kreditvergabe und -überwachung im Fokus stehen werden. 

Zunächst ging er auf die zentralen Themenpunkte der EBA Guideline 2018/06 zu notleidenden und gestundeten Risikoposition ein und betonte, dass insbesondere Institute mit einer NPL-Quote von mehr als fünf Prozent oder mit einer hohen Konzentrationen von notleidenden Risikopositionen in bestimmten Regionen oder Branchen mit erhöhten Anforderungen rechnen müssen.

Daraufhin gab Herr Dr. Hannemann einen Einblick in die EBA Guideline 2019/02 zu Anforderungen an Auslagerungen und schilderte insbesondere die Unterschiede zur aktuell geltenden MaRisk Fassung vom 27.10.2017. Er ging zudem darauf ein, dass die BaFin aktuell auch die Umsetzung der Anforderungen zu Auslagerungen an Drittstaaten prüfe.

Abschließend betonte er den hohen Detailgrad der (sich aktuell noch im Konsultationsprozess befindenden) Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung und erklärte, dass diese sich in einigen Punkten nicht mit dem von der BaFin geforderten Proportionalitätsprinzip vereinbaren lassen. Auch wenn zeitnah mit einer finalen Fassung der EBA Guideline zu rechnen sei, ist eine Umsetzung aktuell erst für die 7.MaRisk Novelle geplant.

Vortrag vom 14. Mai 2020

Der zweite Teil des Experten Forums setzte nahtlos an den Themen Nachhaltigkeit und ESG an, über die Herr Dr. Hannemann in der vorigen Woche bereits aus einem regulatorischen Blickwinkel referiert hatte. Frau Berenike Wiener, Head of CSR und Sustainable Finance bei der Evangelischen Bank eG, veranschaulichte in ihrem Vortrag, wie sich die Integration der ESG-Risiken in das Risikomanagement bei der kirchlichen Genossenschaftsbank darstelle. Die Expertin betonte, dass sie die Initiative der BaFin sehr begrüße, da das Thema Nachhaltigkeit nun auch im Finanzsektor an Bedeutung gewinne.

Nach einer kurzen Beschreibung der Kernpunkte des BaFin Merkblatts ging Frau Wiener auf eine Rückfrage zum unverbindlichen Charakter des Merkblatts ein. Sie stellte klar, dass die BaFin von den beaufsichtigten Instituten vornehmlich eine Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeitsrisiken erwarte. Bestehenden Herausforderungen, wie der lückenhaften Datenverfügbarkeit und fehlenden Messmethoden, können Finanzinstitute etwa durch eine Zusammenarbeit mit Agenturen für Nachhaltigkeitsratings entgegenwirken.

Anschließend skizzierte Frau Wiener den Umgang mit ESG-Risiken im Risikomanagement der Evangelischen Bank. Ausgehend von der Klimastrategie, die die Bank momentan ausarbeite, werden die ESG-Risiken auf Risikotreiber übergeleitet. Die Risikomitigation erfolge dabei schon im ersten Schritt, da in der Strategie Ausschlusskriterien festgehalten werden. Im letzten Schritt müsse dann überprüft werden, ob die in der Strategie festgelegten Maßnahmen zur gewünschten Steuerung der ESG-Risiken beitragen.

Zuletzt betonte Frau Wiener, dass die Befassung mit Nachhaltigkeit nicht ausschließlich durch die anstehende Regulatorik motiviert sein sollte. Nachhaltiges Wirtschaften biete einen direkten unternehmerischen Mehrwert und zeuge von verantwortungsbewusstem Handeln.

Abschließend bedankte sich Dr. Andreas Peter bei den Referenten und Zuhörern. Er lud zum 39. Experten Forum am 29. Oktober 2020 ein und stellte in Aussicht, dass man auch in Zukunft, neben dem gewohnten Experten Forum im Steigenberger Hotel, an virtuellen Vorträgen festhalten werde.

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